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Süddeutsche Zeitung, 27/28..06.2009
Versorgungsausgleich

Meins, deins, unser

Die Details nach einer Scheidung werden zum 1. September neu geregelt. Zypries: Frauen bekommen in Zukunft wirklich die Hälfte

Von Friederike Nagel

Bis ans Ende ihrer Tage - so lange blei­ben immer weniger Deutsche mit ihrem Partner zusammen. Jede dritte Ehe wird geschieden. Und obwohl das bisweilen kein schöner Prozess ist, so herrscht zu­mindest in einem Punkt ab Herbst mehr Klarheit: Der finanzielle Ausgleich unter geschiedenen Eheleuten wird nämlich grundsätzlich neu geregelt. Der Bundes­rat stimmte vergangene Woche der Re­form des Versorgungsausgleichs zu. Das Gesetz soll die Verteilung von Renten-und Pensionsansprüchen nach einer Scheidung einfacher und gerechter ma­chen.

Alle erworbenen Ansprüche aus der Rentenversicherung, der Beamtenversor­gung, betrieblichen und sonstigen For­men der Alters versorge wie beispielswei­se aus Anwartschaften in berufsständi­schen Versorgungswerken werden je zur Hälfte geteilt. Das Gesetz tritt zum 1. September in Kraft. Von diesem Zeit­punkt an greift auch die Reform des fami­liengerichtlichen Verfahrens, mit der ein Großes Familiengericht eingeführt wird.

Nach den Worten von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) war das alte Recht zu kompliziert geworden und für die Bürger nicht mehr verständlich. „In Zukunft machen wir schon bei der Scheidung einen klaren Schnitt. Jede Versorgung, die während der Ehe erwor­ben wurde, wird im Regelfall im jeweili­gen Versorgungssystem geteilt", sagt die Ministerin. Der neue Ausgleich sei ge­rechter und transparenter. „Frauen, die ihre Arbeit im Interesse der Familie zu­rückgestellt haben, bekommen in Zu­kunft wirklich die Hälfte der in der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte des Mannes", sagt Zypries.

Den Versorgungsausgleich gibt es seit 1977, in den neuen Bundesländern seit 1992. Bisher musste in jedem Fall ein Ver­sorgungsausgleich eingeleitet werden. Da­rauf wird künftig verzichtet, wenn beide Ehepartner in etwa die gleichen Ansprü­che erworben haben. Bei Ehen, die kürzer als drei Jahre dauerten, findet ein Aus­gleich zudem nur dann statt, wenn einer der beiden Partner dies ausdrücklich be­antragt. Das Gesetz gilt auch für Partner einer eingetragenen Lebensgemeinschaft. Mit der alten Regelung konnten gewis-se Ansprüche, beispielsweise aus Lebens­versicherungen oder Riester-Verträgen, erst von den Begünstigten eingefordert werden, wenn beide Partner in Rente wa­ren. In der Realität vergaßen aber viele, den Anspruch nach langer Zeit noch gel­tend zu machen, heißt es in Expertenkrei­sen. Das Entscheidende an der neuen Re­gelung ist, dass nun schon bei der Schei­dung ein klarer Schnitt gemacht werde. Egal, ob es sich um die gesetzliche Rente, die Pension eines Bundesbeamten, eine Betriebsrente oder einen Riester-Vertrag handelt: Jede Versorgung, die während der Ehe erworben wurde, werde im Regel­fall im jeweiligen Versorgungssystem ge­teilt, heißt es. Praktisch läuft der neue Versorgungsausgleich so ab, dass die Frau ein eigenes Konto beim Versor­gungsträger des Mannes bekommt und umgekehrt. Dort wird jeweils die Hälfte des Anspruchs gebucht. Besitzt einer von beiden einen Riester-Vertrag, erhält der andere ein eigenes Guthaben bei der pri­vaten Versicherung.

Der Versorgungsausgleich wird von ei­nem Familiengericht festgelegt. Weil das neue Recht einfacher ist, erwartet Zy­pries, dass die Verfahren künftig auch kostengünstiger werden. Experten gehen davon aus, dass der neue Versorgungsaus­gleich nun gerechter und transparenter wird. Davon profitierten vor allem die Eheleute. Profitieren werden auch die Anwälte und die Justiz. Die alte Rege­lung war so kompliziert, dass nur noch wenige Experten mithalten konnten. Denn bisher galt, dass alle Anwartschaf­ten in einen Topf geworfen wurden. Zwar sollen spezielle Computerprogram­me durch komplizierte Berechnungen die Ergebnisse zusammenfassen, die ver­schiedenen Versorgungen miteinander vergleichbar machen und danach auftei­len. In der Praxis ist das jedoch ein sehr komplexes Verfahren, das für viele Ex­perten - und Richter - sehr mühsam ge­worden war. Das neue Recht dagegen gilt als klarer und verständlicher.


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