(Kommentar Red DRV-Gemeinschaft ) Wie man der Nachricht aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung entnehmen kann, hat Herr Rürup hinsichtlich der Berufung von Mitgliedern zum Sachverständigenrat eine Kehrtwende um 180 Grad eingeschlagen. Jetzt wo er sein Geld nach der Zeit als Wissenschaftler im privaten Versicherungsgewerbe verdient, scheint auch für ihn die Zeit gekommen, sich auf die Seite der Regierenden bzw. in die Abhängigkeit der Regierung geben zu können. Trifft es doch nicht mehr seine Person. Die Freiheit der Wissenschaft ist dann ja auch egal. Was allerdings die Bemerkungen anderer Wissenschaftler in diesem Zusammenhang soll, das Vorschlagsrecht der Gewerkschaften bzw. den Arbeitgebern für jeweils eine Person infrage zu stellen, bleibt dem unbefangenen Betrachter verborgen. Wir haben jedoch gegen diese Prozedur nichts einzuwenden.
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ppl. FRANKFURT, 9. Juli. „Vom Elend der wissenschaftlichen Politikberatung” – etwas reißerisch und dramatisch sei der Titel seiner Abschiedsvorlesung schon gewesen, gibt Bert Rürup zu. Der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist inzwischen zum Finanzdienstleister AWD gewechselt. Seine Klage über das Elend der Politikberatung in Deutschland wollte Rürup vergangene Woche an der Technischen Universität Darmstadt halten, wo er gut 30 Jahre lang lehrte. Die Rede ging aber unter im Geschrei von etwa 30 Studenten und Gewerkschaftern, die den Professor im Audimax niederpfiffen und ausbuhten.
Seinen Abschied von der Universität hatte sich Rürup sicher anders vorgestellt. Inhaltlich aber bleibt die nicht gehaltene Rede bemerkenswert, weil der langjährige Wirtschaftsweise darin eine Kehrtwende vollzieht: Er fordert seine ehemaligen Ratskollegen auf, das seit 1963 bestehende Gremium zu reformieren und sich dabei am amerikanischen Council of Economic Advisors (CEA) zu orientieren. In diesem Council arbeiten drei hauptamtliche Ökonomen – daher fordert Rürup auch für Deutschland, dass die Sachverständigen hauptamtlich und nicht wie bisher nebenberuflich tätig sein sollten. Radikal ist Rürups Vorschlag, den Sachverständigenrat direkt im Kanzleramt einzurichten und damit der Regierungschef in zu unterstellen -das wäre das Ende der politischen Unabhängigkeit dieses Gremiums. Zudem regt Rürup an, dass der Rat von Wiesbaden nach Berlin umziehen soll, um näher an die Politik zu rücken. Kritisch äußerte sich Rürup über die Jahresgutachten, die oft mehr als 1000 Seiten dick sind. Die Gutachten, ließ der Darmstädter Rentenfachmann durchblicken, sollten knapper werden und sich mehr auf spezielle wirtschaftspolitische Themen fokussieren.
Noch vor einem Jahr reagierte Rürup strikt ablehnend, als die Mainzer Makroökonomin und Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro anregte, dass sich der Rat den CEA als Vorbild nehmen solle. Seine ehemaligen Ratskollegen haben die Vorschläge deshalb teils mit Erstaunen aufgenommen. „Der amerikanische Council hat eine engere Beziehung zur Regierung, das hat auch Vorteile, weil er mehr hinter den Kulissen auf die Regierung Einfluss nimmt”, sagte Weder di Mauro dieser Zeitung. Sie betonte aber, dass der Sachverständigenrat seine Unabhängigkeit wahren müsse. Zugleich wiederholte sie ihre Kritik an der Praxis, dass je ein Mitglied des Rates auf Vorschlag von Gewerkschaften und Arbeitgebern ernannt wird. „Das halte ich für falsch, weil es eben mit der Unabhängigkeit in Konflikt steht.” Nachdem Gesetz von 1963 dürfen die Ratsmitglieder nicht Repräsentanten eines Wirtschaftsverbands oder einer Organisation der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sein. Auch andere Ratsmitglieder, etwa der Finanzwissenschaftler Wolfgang Wiegard, haben sich öffentlich kritisch zum Vorschlagsrecht von Gewerkschaften und Arbeitgebern geäußert.
Einen kompletten Umzug des Rates nach Berlin lehnen alle Mitglieder ab. Der Ratsvorsitzende Wolfgang Franz sagte dieser Zeitung: „Der CEA stellt ein völlig anderes, aber sehr bedenkenswertes Modell dar. Trotzdem bevorzuge ich das deutsche Modell, weil ich die Unabhängigkeit des Sachverständigenrats, als einen wesentlichen Pfeiler seiner Reputation ansehe.” Auch Peter Bofinger, der auf Wunsch der Gewerkschaften in den Rat ernannt wurde, will nichts von einer Reform nach dem Modell des CEA wissen: „Der Rat ist letztlich eine Instanz, die frei von kurzfristigen politischen Interessen darum bemüht ist, eine Evaluierung der Wirtschaftspolitik im Interesse der Bürger vorzunehmen.” Man habe bewusst ein anderes Modell gewählt als in Amerika, wo der CEA voll in das Alltagsgeschäft der Regierung involviert sei.
Zitat Ende:
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Die ist doch nicht anders zu erwarten
Demonstrant