Weg für Versorgungsstrukturgesetz ist frei

Ausschuss für Gesundheit
Berlin: (hib/MPI) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/6906, 17/7274) zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hat eine wichtige Hürde genommen. Der Gesundheitsausschuss nahm den zuvor geänderten Entwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposition am Mittwoch an. Die Anträge der Fraktionen Die Linke (17/3215, 17/7460) und Bündnis 90/Die Grünen (17/7190) fanden keine Mehrheit. Die Verabschiedung der Reform im Bundestag steht am Donnerstag auf der Tagesordnung. Sie soll in wesentlichen Teilen am 1. Januar 2012 in Kraft treten.

Erklärtes Ziel des auch Ärzte- oder Landärztegesetz genannten Vorhabens der Koalition ist es, mehr Ärzte in ländliche Regionen zu locken. Ein Kernpunkt ist die Überarbeitung der so genannten Bedarfsplanung, die sicherstellen soll, dass es nicht zu viele, aber auch nicht zu wenige Vertragsärzte, -zahnärzte und -psychologen gibt. Die Koalition rechnet damit, dass der Gemeinsame Bundesausschuss, also das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland, dazu bis Ende 2012 eine neue Richtlinie vorlegt. Zudem sind in dem Entwurf finanzielle Anreize für Mediziner vorgesehen, sich in unterversorgten Gebieten neu niederzulassen oder Praxen zu übernehmen. Unter anderem sollen Landärzte von Maßnahmen der Budgetbegrenzung ausgenommen werden.

Schrittweise einführen will die Koalition eine „ambulante spezialfachärztliche Versorgung“, die gleichermaßen von Krankenhausärzten sowie niedergelassenen Fachärzten erfüllt werden soll. Der neue Versorgungszweig, dessen Leistungen ohne Abstaffelung und Mengenbegrenzung erbracht werden kann, umfasst dem Entwurf zufolge „die Diagnostik und Behandlung kompexer, schwer therapierbarer Krankheiten“. Dazu zählen unter anderem Krebserkrankungen, HIV/Aids, rheumatologische Erkrankungen, bestimmte Formen der Herzinsuffizienz, Multiple Sklerose, Mukoviszidose, aber auch schwerwiegende immunologische Erkrankungen. Den gesamten Bereich ambulanter Operationen hat die Koalition dagegen aus der „ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung“ gestrichen. Insbesondere die Länder hatten hier Bedenken geäußert, die Kosten könnten explodieren. Auf Wunsch des Bundesrates wurde im Gesetzentwurf zudem ergänzt, dass die Auswirkungen dieses Gesetzesteils fünf Jahre nach Inkrafttreten evaluiert werden soll. Zu bewerten seien insbesondere der Stand der Versorgungsstruktur, der Qualität sowie der Abrechnung der Leistungen.

Mit dem Gesetzentwurf strebt die Koalition erklärtermaßen auch an, die ärztliche Überversorgung etwa in einigen Großstädten abzubauen. Anders als ursprünglich vorgesehen sollen die kassenärztlichen Vereinigungen jedoch kein Vorkaufsrecht erhalten, wenn in einem überversorgten Gebiet die Nachbesetzung einer Praxis ansteht. Vielmehr erhält nach dem Willen der Koalition dort der mit Kassen- und Ärztevertretern besetzte Zulassungsausschuss die Aufgabe, auf Antrag zu entscheiden, ob ein Arztsitz nachbesetzt wird. Wird der Antrag abgelehnt, hat die kassenärztliche Vereinigung dem Vertragsarzt oder seinen Erben den Angaben zufolge eine Entschädigung „in der Höhe des Verkehrswertes der Arztpraxis“ zu zahlen.

Neu eingeführt werden soll dem geänderten Entwurf zufolge auch eine bundesweit einheitliche Notdienstrufnummer. Wer außerhalb der Sprechzeiten dringend einen Arzt braucht, kann künftig die Nummer 116 117 wählen. Darüber hinaus wollen die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP die zahnärztliche Versorgung von pflegebedürftigen und behinderten Menschen verbessern, die nicht in der Lage sind, selbst eine Zahnarztpraxis aufzusuchen. Zusätzlich zum Wegegeld soll dem geänderten Gesetzentwurf zufolge „das Aufsuchen“ der entsprechenden Patienten extra honoriert werden.

Eine Änderung des Gesetzentwurfs betrifft die Auskünfte an Versicherte über abgerechnete Kosten für Behandlungen. Auf Antrag der Versicherten sollen die gesetzlichen Krankenkassen diese „über die in einem Zeitraum von mindestens 18 Monaten“ in Anspruch genommenen Leistungen und deren Kosten unterrichten. Die Unterrichtung könne auch online erfolgen, hieß es in der Ausschusssitzung.